- Thema: Ermittlungsgruppe »Frühling« und Besondere Aufbauorganisation »Trio«
- Zeuge Swen Philipp, stellvertretender Leiter der EG »Frühling« / Verbindungsbeamter bei der BAO »Trio«
In der heutigen Sitzung wird die Befragung des Polizeirats Swen Philipp fortgesetzt. Er war bereits im Februar zu einer Vernehmung geladen, diese musste jedoch nach 2,5 Stunden unterbrochen werden, als nicht mehr aussreichend Abgeordnete bei der Ausschusssitzung anwesend waren. Die heutige Befragung beschäftigt sich also zum einen mit der Arbeit der Ermittlungsgruppe »Frühling« und zum anderen mit der daran anschließenden Arbeit der Besonderen Aufbauorganisation »Trio«.
Der Zeuge war stellvertretender Leiter der Ermittlungsgruppe »Frühling«. Nach Übernahme des Verfahrens durch den Generalbundesanwalt (GBA) wurde er als Verbindungsbeamter zur Besonderen Aufbauorganisation »Trio« entsandt. Dort arbeitete er unter der Leitung des Bundeskriminalamts (BKA) im Regionalen Einsatzabschnitt Sachsen. Als Grund für die Entsendung sagt Philipp: »Ich war der Neueste und der geringste Verlust.« Er sei zum Zeitpunkt des Brandes in der Frühlingsstraße »frisch« auf die Stelle des Leiter von Dezernats 1 gerufen worden, eine Stelle, die zuvor sein damaliger Abwesenheitsvertreter inne hatte. Der habe nun die Leitung »etwas länger weitergeführt« und sei erst später von Philipp abgelöst worden. »Nicht weiter schlimm«, findet Philipp, die Zusammenarbeit mit dem BKA könne ihn nur weiterbringen.
Unkollegial, aber verständlich
Zunächst beantwortet Philipp Fragen zu den Ermittlungen der Ermittlungsgruppe »Frühling«. Diese hat er bereits am 1. Februar 2016 ausführlich geschildert. Eine erste Frage zielt auf den Zustand der Beweismittel, die in der Frühlingsstraße aufgefunden wurden. Diejenigen, so Philipp, die er von Fotos und in Augenscheinnahme kenne, hätten Brand- und Löschspuren aufgewiesen, so wie man es erwarten würde.
Philipp berichtet auf Nachfrage, dass im Lagefilm festgehalten sei, dass die Telefonnummer von Beate Zschäpe (»Susann Dienelt«) durch Herrn Lutz Winkler mitgeteilt worden sei. Persönlich könne er das aber nicht bezeugen. Die anschließende Ortung des Handys beschreibt Philipp als »normales Mittel«, das »eigentlich nicht angeordnet« werden müsse. Auf Nachfrage erklärt Philipp, dass vermutlich niemand das Technisches Hilfswerk und Ordnungsamt angefordert habe. Er vermute, dass das Ordnungsamt von selbst kam, da es auch für die öffentliche Sicherheit zuständig sei, und dann das THW nachgeholt habe. Auf die Frage, ob sich jemand Zutritt zum Tatort verschaffen konnte, schränkt der Zeuge ein: »Vor Eintreffen der Einsatzkräfte, ja.« Er könne aber ausschließen, dass nach Eintreffen der Einsatzkräfte »Unberechtigte hineingelangt sind«. Auf die Frage, ob ihm Fälle bekannt seien, in denen Kollegen Fremdspuren an Tatorten gelegt hätten, antwortet Philipp, »sowas« sei schon vorgekommen, »vor allem versehentlich«.
Ein Thüringer Verbindungsbeamter habe Informationen zurückgehalten, dieses Verhalten »haben wir als unkollegial« empfunden, so Philipp. Allerdings sei es im Nachgang verständlich, denn die Thüringer Kollegen wussten von der Möglichkeit eines Polizistenmordes: »Das wird nur wenn nötig weitergeben«, so der Zeuge.
Über eine »Biertrinker-Runde« im Keller der Frühlingsstraße, an der Zschäpe und Winkler teilgenommen hätten, sagt der Ermittler, darüber hätte Winkler selbst, aber auch ein Bewohner des Hauses ausgesagt. Auch wenn Winkler das vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags abstritt, glaube Philipp den ersten Aussagen. Er denkt, dass Winkler an »Vergessen« leide, vielleicht habe er Angst vor Strafverfolgung, vermutet der Polizeibeamte. Im selben Keller soll ein Hitlerbild gestanden haben, das habe ein Feuerwehrmann während des Einsatzes gesehen. Allerdings sei es etwa 15 Minuten später nicht mehr dagewesen, berichtet Philipp. Wohin das Bild verschwunden ist und wer für dessen Verschwinden verantwortlich sein soll, bleibt offen. Philipp wisse von diese Sache auch nur, weil ihm das ein Kollege berichtet habe.
»Eimer vollmachen und abgeben«
Am Samstag, den 5. November 2011, sei Uwe Mundlos identifiziert worden und eine rechter Hintergrund klar geworden. Das habe aber zunächst nichts an der Ermittlungsarbeit geändert, so Philipp. Erst am Sonntag habe man das LKA dazugeholt. Dass in der ersten Medieninformation vom 5. November auf den Namen Beate Zschäpe verzichtet wurde, erklärt der Polizeibeamte damit, dass man sich angesichts der vielen Alias-Namen »nicht zu 100% sicher« gewesen sei und so außerdem auf mehr Hinweise aus der Bevölkerung gehofft habe.
Auf die Frage, ob der Einsatz der Polizeischüler üblich sei, antwortet der Zeuge, dass »bei manchen Sachen« Azubis mit eingesetzt würden. Im Fall der Frühlingsstraße, wäre es eigentlich nur um »Eimer vollmachen und abgeben« gegangen. Außerdem habe es zuvor eine Einweisung gegeben: Falls Munition gefunden werde, solle jemand von der Tatortgruppe übernehmen, so der Zeuge weiter. Auf die Frage, ob nicht spätestens mit dem Fund der Ceska Kriminaltechniker hätten übernehmen müssen, antwortet er: »Ja, aber das wäre ein irrsinniger Aufwand gewesen.« Denn soviele Kriminaltechniker gäbe es weder in Sachsen, noch Thüringen. Und weiter: Die Polizei habe zu diesem Zeitpunkt nicht gewußt, »was hier alles vorliegt.«
Angesprochen auf eine unzureichende Dokumentation meint Philipp aber auch, es sei »grundsätzlich richtiger« jedes Beweismittel vor der Entnahme im Schutthaufen zu dokumentieren, dann hätte man aber »ungefähr sechs Monate« gebraucht, um den abzuarbeiten, so der Zeuge.
Aufbau der BAO »Trio«
Im Anschluss beschäftigt den Untersuchungsausschuss die Struktur und Arbeitsweise der Besonderen Aufbauorganisation (BAO) »Trio« in Sachsen. Geleitet habe die Ermittlungen der zentrale Einsatzabschnitt in Wiesbaden bzw. Meckenheim, darüberhinaus habe es Regionalabschnitte in Thüringen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen gegeben. Der sächsische Abschnitt sei in das eigens »in einer Nacht- und Nebelaktion leergeräumte« Polizeirevier Wilkau-Haßlau eingezogen und die BAO habe am 12. November 2011 die Ermittlungen von der Ermittlungsgruppe »Frühling« übernommen.
Der Abschnitt Sachsen habe sich aus 40 Beamten zusammengesetzt: 30 vom Bundeskriminalamt (BKA), fünf bis sechs Beamten vom LKA Sachsen und je ein Beamter aus jedem Dezernat der damaligen Polizeidirektion Sachsen-West. Die Leitung habe beim Bundeskriminaldirektor Werle gelegen, unterstützt worden sei er durch eine Führungsgruppe. Philipp berichtet, dass die Ermittlungsarbeit auf verschiedene Teams verteilt worden sei. Bundesweit sei eine ähnliche Struktur angewandt worden. Den Informationsfluss innerhalb der BAO bezeichnet der Zeuge als »hervorragend«. Morgens und abends hätte es »Dienstversammlungen« gegeben, in denen die aktuellen Ermittlungsergebnisse vorgetragen worden seien. Zudem seien in der Runde Informationen aus dem zentralen Ermittlungsabschnitt vorgetragen worden. Im Polizeirevier habe man einen »16m langen« Zeitstrahl erstellt, auf dem alle Kollegen die Ermittlungsschritte nachvollziehen hätten können. Es habe zudem eine Personenübersicht gegeben, die »sehr unübersichtlich« gewesen sei, weil sie »sehr viele Personen und Unterstützer« umfasst habe.
Team »Zschäpe«
Eines der fünf Teams habe alles zur Person Zschäpe ermittelt, insbesondere ihren Aufenthalt in Zwickau ab 2001. Philipp schätzt ein, dass die Brandstiftung in der Frühlingsstraße »keine Wahnsinnstat« gewesen sei. Er denkt, dass Zschäpe das so geplant habe. Das zeige sich auch an den »Spätzündern«, etwa einem »frisierten Toaster und anderen Sachen«, die als Brandvorrichtung vorbereitet gewesen seien. Sie habe also Kenntnisse gehabt, wie so ein Brand zu legen sei, wenngleich der angesprochene Toaster »nicht zum Zünden kam«. Philipp berichtet aber auch, dass es den Ermittlern nicht gelungen sei nachzuweisen, dass es Tatorte gab, an denen Zschäpe »gewesen sein muss.« Philipp könne sich zumindest nicht an entsprechende Beweise erinnern. Das gelte auch für die Banküberfälle, so die Erinnerung des Beamten.
Das Team habe aber auch das Umfeld von Zschäpe untersucht. Gegen einige davon liefen noch Ermittlungsverfahren, etwa gegen Mandy Struck und Susann Eminger. Eminger sei die »beste Freundin« von Zschäpe gewesen, sie sei auch »im Haus ein und aus« gegangen, habe dort vor Ort auch übernachtet. Ob sie alle Unterstützer ermittelt hätten, könne Philipp nicht sagen. Aber im »Dunstkreis« seien es »jede Menge« gewesen, manche hätten »viel Unterstützung« geleistet, andere eher mit »kleineren Sachen« unterstützt.
Marschner: »Ermittlungen ins Leere«
Ein weiteres Team habe sich auf Böhnhardt und Mundlos konzentriert. Das sei »eng verbunden« gewesen mit dem Thema Autovermietungen, die Ermittler hätten dort nachzuweisen versucht, wann und wo sich Böhnhardt und Mundlos aufgehalten haben, berichtet Philipp. Allerdings konnten die Beamten zahlreiche Anmietungen nicht ausermitteln. Zum »Großteil der Anmietungen« sei nicht herausgefunden worden, was »die damit« gemacht haben, so seine Einschätzung.
Darüberhinaus habe es Hinweise gegeben, dass beide bei Ralf Marschner gearbeitet hätten. Dem sei man nachgegangen, erklärt Philipp, allerdings seien die Ermittlungen »ins Leere« gelaufen. Das Problem sei gewesen, dass keine Unterlagen aufzufinden gewesen seien, außerdem das Marschner nicht befragt werden konnte, weil Marschner »derzeit nicht greifbar« sei.
Um die Lebensumstände von Böhnhardt und Mundlos besser nachvollziehen zu können, hätten die Ermittler noch 2012 eine Anwohnerbefragung durchgeführt. Dabei seien 600 Personen im Umfeld der Frühlingsstraße 26 befragt worden: »quasi die ganze Siedlung Weißenborn.« Die Ergebnisse seien aber »schwammig« gewesen, Zschäpe sei oft zu Hause gewesen, die beiden »Herren« hingegen oft weg, manchmal mehrere Wochen am Stück. Philipp meint, dass nur Zschäpe »ein Vertrauensverhältnis« im Wohnumfeld entwickelt habe.
»Nicht nachgefragt«
Ein weiteres Team habe zu Dokumenten und Unterstützungshandlungen von Max-Florian B. geforscht. Hier sei es vor allem um das Untertauchen in Chemnitz gegangen. Durch die Aussagen von Max-Florian B. hätten die Ermittler bis zum Umzug nach Zwickau viel aufklären können, berichtet Philipp. Hier hätten drei oder vier Wohnungen eine Rolle gespielt. Warum Max-Florian B. sich nicht eher offenbart habe, könne er aber auch nicht sagen. Er glaube nicht, »dass wir ihn das gefragt haben.« Die Wohnungsdurchsuchung bei Max-Florian B. habe bereits am 7. November 2011 stattgefunden und sei durch die Thüringer Beamten beantragt worden. Ob im Zuge der Durchsuchung eine Sicherung von Festplatten und Handys erfolgt sei, kann der Zeuge nicht sicher beantworten: »Ich dächte nicht.«
Das Team Dienelt habe sich mit Matthias Dienelt als »Wohnungsgeber« beschäftigt. Da er zu Zeiten der EG »Frühling« alles abgestritten habe, sei es darum gegangen zu schauen, wie er in die Geschichte hineingehört habe. Philipp schätzt ein, dass er mit den Dreien »vertraut« gewesen sei, sie »genau« gekannt habe und immer wieder in der Wohnung »ein und aus« gegangen wäre. Mit Dienelt sei auch die Verbindung zur »Weißen Bruderschaft Erzgebirge« deutlich geworden. Dort seien auch André Eminger und Mandy Struck involviert gewesen. Für Philipp ergibt das ein Bild, nachdem viele aus diesem Kreis über das Trio informiert gewesen seien. Dienelt schätzt er als Bindeglied zur Öffentlichkeit ein. Seine Festnahme erfolgte erst »relativ spät«, nämlich Ende Dezember 2011. Philipp berichtet, dass der Generalbundesanwalt womöglich »zu wenig in der Hand« gehabt hätten, um eine Festnahme oder Wohnungsdurchsuchung zu realisieren. Die Vorwürfe hätten erst noch »unterfüttert« werden müssen. Philipp schließt nicht aus, dass der »ein oder andere Unterstützer« Beweismittel vernichten konnte, schließlich hätte sie noch »einige Tage Zeit« gehabt.
Zumindest offiziell nicht am Tatort
Das Team Eminger, habe die Ermittlungen zu André Eminger und seiner Frau Susann geführt. Über Susann Eminger denkt Philipp, dass sie »eine enge Freundin« von Zschäpe gewesen sei, bei André Eminger hätten die Ermittler vermutet, dass er der Produzent des Bekennervideos sei, da er eine entsprechende medientechnische Ausbildung habe. Inwiefern das nachgewiesen werden konnte, wisse er aber nicht. Angesprochen auf familiäre Beziehungen zwischen den Emingers und einem Polizisten antwortet Philipp, dass er glaube, dass es um einen Streifenbeamten aus Zwickau ging. Dieser sei eventuell mit der Schwester von Susann Eminger verheiratet gewesen. Philipp schließt aus, dass der Beamte an den Ermittlungen im NSU-Komplex beteiligt gewesen sei. »Zumindest offiziell« sei der Beamte am Tag des Geschehens nicht am Brandort Frühlingsstraße gewesen. Ansonsten habe die Schutzpolizei jenseits der Bewachung des Objekts keine Aufgaben übernommen. In der Führung des Einsatzsabschnittes der BAO sei die familiäre Beziehung nicht noch einmal thematisiert worden.
»Zeitweise« habe es ein weiteres Team gegeben. Dieses sei unter anderem potentiellen Schießtrainings nachgegangen und habe dazu »alle Schießvereine« im Bereich Chemnitz und Zwickau abgearbeitet. Er berichtet, dass sich im Brandschutt viele Karten, die u.a. die Tatorte gezeigt haben, befunden hätten, eine Karte von Zwickau sei auch dabei gewesen. Diese habe viele »Hieroglyphen« enthalten, von denen bis heute nicht klar sei, was sie bedeuten. Möglicherweise seien es Abstellplätze für Wohnmobile oder Plätze für Schießübungen, gibt Philipp die Vermutung der Ermittler wieder.
»Das war eben so. Die hatten wenig Sachen.«
Das Team habe außerdem die Fahrräder bearbeitet, die mehrfach eingesetzt worden seien, um sich von Tatorten zu entfernen. Zudem habe es auch Anwohnerbefragungen und Befragungen von Strom- und Wasseranbietern gegeben, um eine potentielle Zweitwohnung in Zwickau oder Glauchau aufzuspüren. Das so eine Aufenthaltsort existiere müsse, hätten die Ermittler angenommen, weil in der Frühlingsstraße und dem Wohnmobil nur »sehr wenige« Kleidungsstücke von Böhnhardt und Mundlos gefunden worden seien. Die Fokusierung auf Glauchau sei Folge der angefallenen Erkenntnisse gewesen. Philipp benennt die gute Erreichbarkeit per Fahrrad und das Fahrradgeschäft, wo Böhnhardt und Mundlos Kunden waren. Er sagt auch: »Man hätte auch bundesweit suchen können«, aber es fehle an konkreten Hinweisen. Die Suche selbst war letztlich nicht erfolgreich: »Das ist leider alles negativ verlaufen«, so der Polizeibeamte. Das BKA habe dann »einfach gesagt«: »Das war eben so. Die hatten wenig Sachen.«
Philipp berichtet, dass sich der Generalbundesanwalt »sehr schwer« damit getan habe, die Banküberfälle in das Verfahren zu übernehmen. Das habe »sehr lange« gedauert. Zuerst hätten sie immer nur die Überfälle in Zwickau übernehmen wollen. Allerdings hätten die sächsischen Ermittler schon vorher die Fälle in Zwickau und Chemnitz als Serie »ausermittelt.« Entsprechend seien dann »alle Verfahren« vom Generalbundesanwalt übernommen worden. Hätte es Fälle gegeben, die für den GBA nicht relevant gewesen wären, hätten diese zurück an die zuständigen Ermittlungsbehörden gegeben werden müssen, so Philipp. Das sei aber nicht geschehen.
Informationen vom VS: »Recht dürftig«
Bei der Abfrage von Informationen beim Landesamt für Verfassungsschutz, berichtet Philipp, seien die Ermittler »nicht immer zufrieden« gewesen. Sie hätten »sehr viele« Anfragen gestellt, die Antworten seien allerdings »recht düftig« gewesen. Es seien dabei »wenig Erkenntnisse« dazugekommen. Auf die Fragen wie, »Können sie bestätigen, dass…«, sei mit lediglich mit »Ja« geantwortet worden, erklärt der Polizist. Das sei zwar eine Aussage, die einen freue, aber sie hätten letztlich »mehr« erwartet. Das zeige sich beispielhaft an den Ermittlungen zur »Weißen Bruderschaft Erzgebirge«. Dort habe der Verfassungsschutz »fast immer« das bestätigt, was die Polizeibeamten bereits wußten. »Aber darüberhinaus« hätten sie keine Informationen bekommen. Die Ermittler hätten gern gewußt, wo die Mitglieder der Kameradschaft bereits aufgetaucht sind oder an welchen Aktivitäten sie beteiligt gewesen seien.
In Bezug auf Ralf Marschner habe sich im Verlauf der Ermittlungen herausgestellt, dass er unter dem Namen »Manole« irgendwo tätig sei. Philipp wisse aber nicht, wie das dann ausgewertet worden sei. Bei V-Leuten sei aber klar, dass dann Informationen »nicht so da« seien, wie bei anderen. Das »Erschwerendste« sei gewesen, dass Marschner nicht befragt werden konnte. Philipp berichtet, dass die Ermittler »keinerlei Unterlagen« gehabt hätten. Demenstprechend sei der Tatbeitrag von Marschner unklar geblieben: »Da sind bestimmt noch Lücken offen.« Zur Frage, warum Marschner trotz eines Haftbefehls nicht zur Fahndung ausgeschrieben worden ist, könne der Zeuge nichts sagen. Allerdings sei er nur bis Mitte 2012 bei der BAO »Trio« gewesen, der Vollstreckungshaftbefehl sei aber erst Ende 2012 ausgestellt worden. Dass sich Marschner in der Schweiz aufhält, sei den Ermittlern bereits im Januar 2012 bekannt gewesen.
Terabyte an Daten
Die Arbeit im Abschnitt habe bis zum 30. Juni 2012 angedauert, danach sei die BAO aufgelöst und in eine Ermittlungsgruppe überführt worden. Diese sei immer noch aktiv. Rückblickend schätzt Philipp die Zusammenarbeit im regionalen Einsatzabschnitt als »hervorragend« ein. Die Ermittler hätten »ordentlich« viel »abzuarbeiten« gehabt, seien aber nicht überlastet gewesen. Allerdings habe es eine Phase gegeben, wo es »immer mehr« Hinweise gegeben hätte. Das habe dann »peu à peu« abgearbeitet werden müssen und letztlich bis zum 30. Juni 2012 gedauert.
»Extrem groß« sei auch der »Datenanfall« aus Telefonen und Computern gewesen, berichtet der Ermittler. Das habe ihnen schon »Kopfzerbrechen« bereitet, weil das »Terabyte« an Daten gewesen seien und deren Aufarbeitung entsprechend lange dauere. Philipp geht heute davon aus, dass alle Hinweise »hinreichend« bearbeitet worden seien. Er könne aus seiner Position und mit seinem Einblick aber nicht einschätzen, ob irgendwo etwas »vergessen« worden sei: »Das ist durch mich nicht sagbar.« Er stelle sich auch die Frage, ob die Polizei alle Hinweise erhalten habe. Sie hätten die Erfahrung gemacht, dass sie im »Nachgang« Bürgerhinweise mitbekommen hätten, bei denen sie sich anschließend gefragt hätten: »Warum nicht gleich?«
Eine polizeiinterne Auswertung zu diese Fall habe es aus seiner Sicht bis heute nicht gegeben.
»Alles was Kriminalistik braucht«
Philipp erklärt auf Nachfrage hinsichtlich seiner Vorbereitung auf die Befragung, dass er polizeiintern als Vortragender zu diesem Fall unterwegs sei. Er habe seine erste Aussage nochmal gelesen, aber nicht alle Akten. Zwischenzeitlich sei er auch vor den Bundestagsuntersuchungsausschuss geladen worden und habe dort ausgesagt. Er lehrt mittlerweile an der Polizeifachschule Chemnitz und ist polizeiintern mit einem Vortrag zum Fallkomplex unterwegs. Auf die Frage, was er aus dem Fall mit in die Lehre nehme, antwortet er, der »Fall gibt alles her, was Kriminalistik braucht.«