Untersuchungsausschuss schließt Beweisaufnahme ab
Mit der Sitzung am kommenden Montag endet die Beweisaufnahme des sächsischen NSU-Untersuchungsausschusses. Geplant ist die Anhörung zweier Zeugen und einer Sachverständigen. Einer der beiden Zeugen, Falko K., wurde während des Edeka-Überfalls des NSU Ende 1998 in Chemnitz von den Tätern beschossen.
NSU Watch Sachsen erklärt dazu:
»Diese Anhörung ist überfällig, weil sie das gewalttätige Vorgehen des NSU bei der Raubserie in den Mittelpunkt stellt. Sie ist wichtig, weil sie zumindest eine Perspektive eines Betroffenen von rechtem Terror ins Licht der Öffentlichkeit rückt. Perspektiven, die viel zu oft keine Beachtung finden.«
Wünschenswert wäre zudem gewesen, wenn die Perspektiven von Betroffenen von Rassismus aufgegriffen worden wären. NSU Watch Sachsen weiter:
»Rassismus war der Antrieb des NSU und die Ideologie ist nach wie vor hochaktuell. Wenn die Gesellschaft rechten Terrornetzwerken vorbeugen will, darf sie die Auseinandersetzung mit Rassismus nicht scheuen – auch auf institutioneller Ebene. Hierauf muss der Untersuchungsausschuss Antworten finden.«
NSU Watch Sachsen erwartet vom Ausschuss hier klare Empfehlungen:
»Insbesondere braucht es eine institutionalisierte und verstetigte Aufarbeitung von Rassismus in Sachsen – das zeigt der NSU-Komplex, das zeigt die Gegenwart.«
Mit der Anhörung der Rechtsanwältin Antonia von der Behrens, Nebenklagevertreterin im NSU-Prozess in München, fließen erstmals Erkenntnisse aus dem Prozess in die Ausschussarbeit ein.
»Das milde Urteil für den NSU-Unterstützer André Eminger hat deutlich gemacht, dass mit einer juristischen Verfolgung der sächsischen Unterstützungsszene nicht mehr zu rechnen ist. Sie bleibt unbehelligt und kann weiter machen wie bisher. Das liegt auch an fehlender Aufklärung und fehlendem Aufklärungswillen.«
Die Anhörung verspricht diese Leerstellen in Bezug auf Sachsen zu konkretisieren. Mit dem frühen Ende der Beweisaufnahme im Untersuchungsausschuss, verbaut man jedoch die Chance auf weitere Aufklärung.
»Klar ist aber, dass es in Sachsen Gelegenheiten gab, den NSU zu stoppen und das Kerntrio zu fassen. Warum der Zugriff ausblieb, ist trotz zweier Untersuchungsausschüsse nicht befriedigend erklärt. Aber das entlässt den Staat nicht aus seiner Verantwortung: Sachsen muss einen Entschädigungsfond für die Angehörigen der NSU-Opfer einrichten. Ohne wenn und aber«,
so die Forderung von NSU Watch Sachsen. Vorbild hierfür kann Thüringen sein, das im Sommer 2018 einen Entschädigungsfond in Höhe von 1,5 Millionen Euro eingerichtet hat und damit die institutionelle Verantwortung für die NSU-Morde anerkennt.
NSU Watch Sachsen beobachtet seit zwei Jahren kontinuierlich die Arbeit des Untersuchungsausschusses:
»Wir kommen zum Schluss, dass das Aufklärungsinstrument Untersuchungsausschuss in einigen zentralen Punkten versagt hat. So bleibt die Rolle staatlicher Informanten im sächsischen NSU-Unterstützungsnetzwerk ungeklärt.«
Die Anhörung der beiden Zeugen Falko K. und Holger Haschek, sowie der Sachverständigen Antonia von der Behrens sind öffentlich. Für den Einlass in den Landtag ist ein Personalausweis oder Reisepass notwendig.
Zeitplan:
10:00 Uhr, Vernehmung von Falko K.
11:15 Uhr, Vernehmung von Holker Haschek
13:00 Uhr, Vernehmung von Antonia von der Behrens