Bericht 10. Sitzung, 18. April 2016

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  • Thema: Ermittlungen zum Brand in der Zwickauer Frühlingsstraße 26
  • Zeuge Herr Walther, Polizeibeamter (bereits geladen und vernommen am 14.09.2015)
  • Zeuge Herr Hellinger, Polizeibeamter

Erneut geht es um die Ermittlungen zum Brandgeschehen in der Frühlingsstraße. Zuerst wird die Befragung von Kriminalhauptkommissar Walther fortgesetzt. Hier steht das Telefonat zwischen einem Handy der Polizei und dem Handy von Beate Zschäpe im Mittelpunkt. Die Befragung bringt aber kaum neues ans Licht. Im zweiten Teil wird der Brandursachenermittler gehört, der als erstes am Brandort eintraf und auch später an den Ermittlungen beteiligt war.

KHK Walther arbeitet beim Kriminaldauerdienst (KDD) in Zwickau, dort war er auch am 4.11.2011 eingesetzt. Er ermittelte mit seinem Kollegen F. am Brandort als erster zu möglichen Hintergründen des Brandgeschehens. Er war bereits am 14.09.2015 vor den Untersuchungsausschuss geladen. Damals bestätigte Walther, dass es sich um das Mobilelefon des Kriminaldauerdienstes handelte, von dem am 4.11.2011 um 16:32 Uhr erstmals der Anschluss von Beate Zschäpe angerufen wurde. Er bestätigte weiterhin, dass zu dieser Zeit nur er selbst und niemand anderes das fragliche Mobiltelefon genutzt habe. Jedoch schloß Walther in der Befragung ausgehend von seiner Erinnerung aus, dass er die Nummer erhalten habe. Er könne sich zudem nicht daran erinnern, den Anruf getätigt zu haben. Nach dieser ersten Vernehmung meldete sich Walther erneut beim Untersuchungsausschuss. Er habe sich inzwischen mit den Presseberichten auseinandergesetzt, die ihm diesen Anruf zuschreiben. Er folgerte daraus, dass er die Nummer von Zschäpe doch gehabt habe und den Anruf getätigt haben müsse – daran erinnere er sich jedoch nicht mehr. Der Untersuchungsausschuss entschied sich für eine erneute Vorladung des Zeugen.

Walther berichtet in der heutigen Sitzung, dass er sich nicht mehr an alle Teile seiner Aussage im September 2015 erinnern könne. Er wisse von einem Presseartikel, in dem von einer telefonischen Verbindung zwischen dem Mobiltelefon des Kriminaldauerdienstes und dem von »Susann Dienelt« (eine Tarnidentität von Beate Zschäpe) um 16:32 Uhr berichtet worden sei. Er sagt aus, dass er zur fraglichen Zeit die alleinige Verfügungsgewalt über das Telefon gehabt habe. Auf die Frage, woher die Nummer von Zschäpe stamme, antwortet Walther, dass er das versucht habe zu rekonstruieren: sie könne nur vom Hausmeister übergeben worden sein. Der Hausmeister habe laut Aktenvermerk Winkler geheißen. Da er aber in den zurückliegenden viereinhalb Dienstjahren etwa 2000 Einsätze gefahren sei und genausoviele Leute getroffen habe, kann er sich nicht mehr konkret erinnern. Walther schließt nicht aus, dass Kollegen der Schutzpolizei, etwa Kollege S., den Hausmeister zuvor bereits befragt haben. Es könne auch sein, dass der Kollege S. bei der Befragung von Herrn Winkler dabei gewesen sei. Ob Herr Winkler Herr Dienelt als Bewohner der Frühlingsstraße 26 benannt habe, sei Walther nicht mehr erinnerlich. Ebenso, ob der Hausmeister noch weitere Telefonnummern genannt habe. Walther geht auch davon aus, dass er den Anwahlversuch bei »Susann Dienelt« mit dem Leiter des KDD als Dienstvorgesetzten abgesprochen habe. Die Frage, ob gezielt Kollege Hellinger als Brandursachenermittler angefragt wurde, verneint Walther: wer zuständig sei, ist allein davon abhängig, wer ans Telefon geht.

Walther wird nach etwa 30 Minuten Befragung entlassen.

Der zweite Zeuge des Tages ist Gert Hellinger, ein mittlerweile seit drei Jahren pensionierter Polizeibeamter. Brandursachenermittler (BUE) sei er erst nach der Wiedervereinigung geworden, vorher sei er bei der Transportpolizei tätig gewesen, die dann dem Bundesgrenzsschutz angegliedert wurde. Da die Brandursachenermittlung zu DDR-Zeiten in der Hand der Feuerwehr gelegen habe, gab es bei der Kriminaltechnik der Polizei einen Mangel an BUE. Er habe sich gemeldet und sei dann von einem Kollegen angelernt worden, der von der Feuerwehr zur Kriminaltechnik gewechselt sei, und habe sich zudem die Tätigkeit über die Jahre angeeignet. Insgesamt habe es in der Polizeidirektion Zwickau fünf BUE gegeben, die aber nur teilweise als BUE ausgebildet gewesen seien.

Am 4.11.2011 habe er als Brandursachenermittler Bereitschaftsdienst gehabt und sei vom Polizeiführer Kriminalpolizei zum Brand an die Frühlingsstraße gerufen worden. Er habe nicht regulär Dienst gehabt, sondern den Kollegen Lenk vertreten. Diesen habe er 16:30 Uhr informiert und der habe dann gegen 19 Uhr die Ermittlungen übernommen. Hellinger berichtet, dass die Feuerwehr bereits am Löschen gewesen sei, als er den Brandort erreicht habe. Aufgrund von Einsturzgefahr habe er sich nur von außen einen Überblick über den Brandort verschafft und mit dem Fotoapparat Bildaufnahmen gefertigt. Da es eine Explosion gegeben haben soll, habe er sich zunächst auf die Suche nach einem Gasanschluss gemacht. Im begehbaren und nicht einsturzgefährdeten Keller der Frühlingsstraße 26 gab es jedoch keinen. Auf Nachfrage erklärt Hellinger noch, dass auch auf der Rückseite des Hauses Polizisten den Zugang überwacht haben. Im Keller des direkt angrenzenden Hauses Frühlingsstraße 26a habe er eine Heizung mit Gasanschluss vorgefunden, dort habe es aber keine Gasverbindung zur Frühlingstraße 26 gegeben. Die Explosion, so schlussfolgert Hellinger, müsse anders ausgelöst worden sein.

Er habe auch von der Drehleiter der Feuerwehr Bildaufnahmen gefertigt. Wegen der Einsturzgefahr habe die Feuerwehr einen Bagger bestellt. Die Arbeit mit dem Bagger sei schlecht für die Spurensicherung, weil mit einem Bagger nicht viel übrig bleibe, so Hellingers Einschätzung. Entsprechend habe im Nachhinein der Branschutt durchgesiebt werden müssen. Die Entscheidung zum Einsatz des Baggers sei ihm nur mitgeteilt wurden, wer sie getroffen hat, wisse er nicht. Mit dem Baggerfahrer habe er nicht gesprochen, erklärt Hellinger auf Nachfrage. Gearbeitet habe er bis zum frühen Samstagmorgen um 3 Uhr an der Frühlingsstraße, die Dienststelle habe er laut Arbeitszeitnachweis um 4:30 Uhr verlassen.

Am Samstag sei er gegen 10 Uhr am Brandort eingetroffen. Die Feuerwehr habe zu der Zeit die Decken der Wohnung abgestützt. Die »Regie« habe Kollege Lenk gehabt. Sie hätten zunächst die Wohnung begangen und alles fotografiert. Einbruchsspuren seien ihnen dabei keine aufgefallen. Dabei habe er mit Lenk den Wandtresor gefunden, in dem sich eine Waffe und eine Handfessel mit eingestanzter Nummer befunden habe. Am Montag habe sich herausgestellt, dass es die Handfessel von Michel Kiesewetter war.

Die Fotos vom Brandort habe er alle an BUE Lenk weitergeben, an dessen Abschlussbericht er aber nicht mitgewirkt habe, erklärt Hellinger auf Nachfrage. An der Befragung von Anwohnern sei er nicht beteiligt gewesen, dass sei Aufgabe des KDD. Als BUE seien sie für die »objektive Seite« des Brandes zuständig, nicht für die »subjektive«. Bis einschließlich 10. November sei er jeden Tag am Brandort eingesetzt gewesen, ein weiteres Mal am 17. November 2011. Dabei sei es unter anderem um die Durchsuchung des Brandschutthaufens gegangen, den er mit den Kollegen, darunter zwei weitere Brandursachenermittler und ein Kollegen aus Baden-Württemberg, mit Hilfe von Mauererkellen durchgesiebt habe. Hellinger selbst, habe dabei Munition gefunden. Die Asservierung habe in der Garage der Polizeidirektion stattgefunden, am Brandort seien die Fundstücke nur eingetütet worden.

Seiner Meinung nach war der Einsatz zumindest am Anfang nicht außergewöhnlich, es sei eine »stinknormale Explosion mit Brandfolge« gewesen. Wobei eine Explosion eigentlich noch größer sei, der Brand in der Frühlingsstraße sei ein »Zwischending« zwischen Explosion und Verpuffung gewesen. Als Ursache blieb nach Einschätzung von Hellinger nur Benzin, da keine Gasleitung vorhanden gewesen sei und auch keine Gasflasche gefunden worden sei.

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